Intention NWI

 

Eine der wichtigsten Messgrößen der Ökonomie ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Es misst die über den Markt vermittelte Wertschöpfung eines Landes in einem bestimmten Jahr.
Seit der Zeit des „Wirtschaftswunders“ in Deutschland wird es häufig als Ausdruck für Wohlfahrt und Lebensqualität verwendet, obwohl die Erfinder des BIP dies selbst so nicht beabsichtigten. Inzwischen werden jedoch seine Schwächen immer deutlicher – es besteht die Gefahr, dass ein illusionärer Wohlstand über das BIP suggeriert wird.

Der NWI versucht nun, hier mit einer alternativen, zusätzlichen Bilanzierung Abhilfe zu schaffen, indem er die folgenden Kritikpunkte aufnimmt:

• Massenproduktion und Massenkonsum erzeugen gleichzeitig Umweltschäden. Diese können mit Reparaturmaßnahmen teilweise beseitigt oder abgemildert werden. Alle Ausgaben dafür erscheinen dann im BIP als Steigerung, obwohl sie im Grunde nur den Status quo versuchen wiederherstellen, der vor der Umweltschädigung existierte. Dieser Teil des Wachstums kann jedoch eher als „Leerlaufwachstum“ bezeichnet werden, jedenfalls trägt er nicht zu einer echten Wohlfahrtssteigerung bei.

• Darüber hinaus bleiben viele Beeinträchtigungen der Umwelt immer noch bestehen – zu viele Düngemittel in Böden, verschwundene Tier- und Pflanzenarten, Schadstoffe in Sedimenten oder Waldschäden, alle spielen keine Rolle für das BIP. Hierdurch kommt es außerdem zu beträchtlichen negativen Folgen für die Gesellschaft.

• Auch der Abbau von nicht erneuerbaren Ressourcen und der Verbrauch von Naturkapital (z.B. Humus, Frischwasser, naturnahe Flächen) werden nicht berücksichtigt.

• Hingegen kann die Vermeidung von Schäden und Folgekosten in der Zukunft, etwa durch Unterlassen riskanter wirtschaftlicher Aktivitäten

 

 

heute, eine Verringerung des BIP bewirken: Denn die langfristigen positiven Wirkungen einer Selbstbegrenzung werden in der herkömmlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht abgebildet. Insofern kann ökologisches Wirtschaften, insbesondere dann, wenn Einsparmöglichkeiten und eine Abkehr von der Wegwerfgesellschaft verfolgt werden, in einer herkömmlichen Wohlfahrtsbetrachtung systematisch zu niedrig bewertet werden.

• Auch die Verteilung der Einkommen werden im BIP nicht beachtet: Dem erwirtschafteten BIP etwa des Jahres 2016 sieht man nicht an, ob es der Bevölkerung weitgehend gerecht verteilt zur Verfügung steht, oder ob etwa Zuwächse nur einem sehr kleinen Teil der Menschen zu Gute kommen.

• Da sich das BIP nur auf Wertschöpfung konzentriert, die über den Markt entsteht, gibt es bedeutende Aktivitäten zur Wohlfahrtssteigerung, die unberücksichtigt bleiben: vor allem Hausarbeit, aber auch alle ehrenamtlichen Aktivitäten. Diese müssten eigentlich in einer Wohlfahrtsrechnung mit betrachtet werden.

Diese Mängel des BIP lassen folgende Schlussfolgerungen zu:

• Mit dem Wirtschaftswachstum, gemessen als Zuwachsrate des BIP, wird ein im Grunde überholtes Statistik-Phantom in das Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt, mit falschen Signalen für die Orientierung der Wirtschaftspolitik.

• Es ist sinnvoll, neue Konzepte wie den NWI für die Messung von Wohlfahrt und Wohlergehen stärker in den Vordergrund zu stellen, gerade wenn sie mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verbunden werden können. Die Entwicklungen von BIP und NWI können dann miteinander verglichen werden – was zu einer neuen Perspektive auf die Gestaltung von Wachstum und Wohlfahrt in einer Gesellschaft führt.