Beschreibung und Bedeutung der Komponente

Die Einkommensverteilung spielt eine Rolle als Gewichtungsfaktor für die privaten Konsumausgaben, also Komponente 2. (Es handelt sich um die einzige Gewichtung im NWI-Konzept). Dahinter steht die wohlfahrtstheoretische Überlegung, dass ein Einkommenszuwachs beispielsweise von 100 Euro für einen armen Haushalt eine höhere zusätzliche Wohlfahrt bedeutet als ein Einkommenszuwachs gleicher Höhe für einen reichen Haushalt.

Ein niedrigerer Wert des Gini-Koeffizienten bedeutet nun eine gleichere, ein höherer Wert eine ungleichere Einkommensverteilung. In der Regel werden Bewegungen in Richtung einer gleicheren Verteilung als positiv bewertet. Dies hat nicht nur mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden zu tun, sondern auch mit dem sozialen Zusammenhalt und Hinweisen, dass eine gerechter strukturierte Gesellschaft besser mit wirtschaftlichen Krisen zurechtkommt als Länder mit großen Einkommensunterschieden. Viele sozialwissenschaftliche Befunde zeigen, dass eine geringe Einkommensungleichheit einen positiven Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt hat.¹

Der Gini-Koeffizient ist auch ein wichtiger Gradmesser für das Erreichen einer sozialen Marktwirtschaft.

 

Beschreibung des Verlaufes

Zur Entwicklung in Deutschland können folgende Einschätzungen getroffen werden: Die durch den Gini-Koeffizient gemessene Einkommensungleichheit ist zwischen 1991 bis 2000 relativ konstant geblieben. Die geringste Ungleichheit herrschte im Jahr 1991, in dem der Indexwert bei 97,1 lag.

Nach 2000 stieg die Ungleichheit deutlich bis auf den Wert von 113,1 im Jahr 2005 an. Diese Vergrößerung der Einkommensungleichheit ist auf insgesamt stagnierende Reallöhne und die gleichzeitig steigenden Einkommen in den oberen Schichten zurückzuführen, die zusätzlich über Kapitaleinkommen verfügen.

Das Fallen des normierten Gini-Koeffizienten von 2005 bis 2008 auf einen Wert von 111,6 ist zum einen teilweise auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen, die auch hohe (Kapital)Einkommen zumindest kurzfristig negativ beeinflusste. Zum anderen zeigt die Arbeitslosenstatistik einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahlen, was sich positiv auf die Einkommensverteilung in der Gesellschaft auswirkt.

Danach steigt der Index der Einkommensungleichheit allerdings wieder auf einen Höchstwert von 114,2 im Jahr 2013 an. Im Jahr 2014 liegt er mit 113,5 geringfügig niedriger, um 2015 wieder auf 113,9 anzusteigen. Trotz der Einführung des Mindestlohns und – oder gerade – wegen des wirtschaftlichen Wachstums in den letzten Jahren hat sich die Ungleichheit im Bereich der Einkommensverteilung nicht verringert, 2013 und 2015 weisen unter sozialen Gesichtspunkten die schlechtesten Werte überhaupt auf.

Noch nicht berücksichtigt ist hier, abgesehen vom Kapitaleinkommen, indessen die Rolle der Vermögensungleichheit.

Vgl. Wilkinson, Richard G./ Pickett, K.ate (2009): Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Berlin.